Donnerstag, 30. Juni 2011

CSR Newsletter Juni 2011


1. NeSoVe Stellungnahmen
TRIGOS 2011: sozial- aber nicht frauenverträglich?
Anmerkungen zur TRIGOS-Gala in Wien

Bei der TRIGOS-Preisverleihung dieses Jahr war NeSoVe als selbst inszenierte Muppet-Show mit von der Partie. Wir bewunderten den Prunk und Glanz bei der Verleihung mit 400 Besucher_innen aus Wirtschaft, Politik und (unterrepräsentiert) NGOs.

Inhaltlich gesehen war die Präsentation der TRIGOS-Preisträger_innen sowie der Nominierten ein Flop. Die Zusammenfassung der Unternehmenspolitik wirkte wie ein eigens fabrizierter Werbespot der Unternehmen. Was konkret die Jury dazu bewogen hat, diese Unternehmen auszuwählen, blieb im Dunklen. So fielen zwar in regelmäßigen Abständen die für CSR notwendig erachteten Schlagwörter wie regionale und ökologische Produktion, CSR im Kerngeschäft verankert, Einbindung der Mitarbeiter_innen und nachhaltige Innovationen. Insofern kann man sagen, dass die Stimmen kritischer CSR-Akteur_innen hier gehört wurden. Wie diese großen Schlagwörter aber in der konkreten Unternehmenspolitik kolportiert werden, blieb mehr als schleierhaft.
Bilder von Betriebsausflügen sollte den bedürfnisorientierten Unternehmensalltag wiederspiegeln, bezugslos genannte Schadstoffausstoßverringerungen sollten Glaubwürdigkeit vermitteln und der Hauch von „Wir sind die Guten“, der der ganzen Veranstaltung oblag, wirkte dann schon fast unfreiwillig komisch.

Aber auch die Aufmachung der Spots war teilweise mehr als tendenziös. Die in der Kategorie Markt prämierte framsohn frottier GmbH zeigte in ihrem Sieger-Clip nur in Bademäntel bekleidete weibliche Schönheiten( siehe:
http://www.youtube.com/watch?v=0vwoZXVRTb4). Es war für die unbedarfte Betrachterin nicht ersichtlich, was eigentlich vermarktet wird. Ein bißchen gender-Bewußtheit stünde hier nicht schlecht zu Gesicht.

Ein wesentlicher Grund für die Prämierung der framsohn frottier GmbH war „CSR in der Lieferkette“. Beim Interview mit dem Geschäftsführer Mag. (FH) Philipp Schulner stellte sich jedoch heraus, dass gerade dieses Unternehmen kaum auf Zuliefer angewiesen ist, da es den Großteil der Produktion im eigenen Hause herstellt.

Mehr als zweifelhaft war der Dialog zwischen den Zeilen, der zumindest im Hinblick auf geschlechtssensible Praktiken auf stereotype, frauendiskreditierende Klischees zurückgriff. Denn was die Moderation von Bettina Kerschbaumer und ClaudioSchütz im Dialog mit den Vertreter_innen der Jury und den Preisgekürten verlautbarte, war alles andere als frauenverträglich.


Nachdem die Moderatorin Kerschbaumer einen Vertreter einer TRIGOS-Trägerorganisation als Paten des TRIGOS bezeichnet hatte, konterte dieser gleich damit, dass in seiner Paten-Limousine für SIE noch ein Plätzchen frei wäre. Komisch? Wohl kaum, aber scheinbar salonfähig, denn auf dieses lustige Intermezzo wurde noch wiederholt Bezug genommen. Und rief schmerzlich Erinnerungen an die TRIGOS-Gala letztes Jahr hervor, auf der sich vermeintlich lustige Sprüche über das oder die kühle Blonde/s durch Programm zogen.

Der Sonderpreis wurde dieses Jahr für Freiwilligenengagement vergeben und die Verbund AG für Verbund Empowerment Fund der Diakonie (freiwillige Mitarbeit beim Einsatz neuester Technologien zur Unterstützung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen) prämiert. Entgegen nahm den Preis eine Mitarbeiterin des Verbundes– im Übrigen als einzige Frau an diesem Abend! Sie hob noch mal hervor, wie freiwillig engagiert das Unternehmen sei und welch einfallreiche Einsätzen sie durchführten wie z.B. ein Ausflug für Mütter und Kinder in ein Kraftwerk, damit sie mal aus der Stadt rauskämen!

Was blieb war eine professionelle Inszenierung zum Wohlgefallen wohl aller Akteur_innen, bei uns das Bestärken im Willen, dieser Art CSR-Vermarktung einen kritischen Standpunkt entgegensetzen zu müssen und hinsichtlich sozial verantwortlichem Handeln auch mit einigen zündenden Ideen beitragen zu können.


2. Aktivitäten von NeSoVe und seinen Mitgliedern

2.1. ÖGB: Rundgang mit Petra Unger


Frauen und Männer haben die Menschheitsgeschichte geprägt. Mindestens die Hälfte der sichtbaren Geschichte wurde von Frauen durch ihre Arbeit, ihr Wissen, ihre Erfahrung, ihre Kreativität geschrieben.
Aber kaum etwas erinnert an sie, z.B. die widerständigen Frauen der Brigittenau.


Im 19.Jahrhundert ist die Brigittenau Zufluchtsort zahlreicher meist jüdischer Flüchtlinge aus Osteuropa, aber auch verarmte Kleingewerbetreibende und Arbeiterinnen versuchen ihr Glück in Wien. Der Kampf ums Überleben, die Konfrontation mit Klassenkämpfen und Antisemitismus lässt viele Frauen widerständig und politisch werden. Viele riskieren dabei ihr Leben, noch mehr werden im Nationalsozialismus verfolgt und ermordet.

Eine Geschichte des Kampfes, des Mutes und des Widerstandes der Frauen in der Brigittenau vermittelt von Petra Unger.

Petra Unger arbeitet als Kulturvermittlerin und Akademische Referentin für feministische Bildung und Politik. Sie forscht zu politischer Frauengeschichte und vermittelt sie in Form von Rundgängen in der Stadt, Lesungen, Vorträgen und Seminaren.
Nähere Informationen unter: www.petra-unger.at

Treffpunkt: Vor der Brigittakirche, 1200, Brigittaplatz 10
Ende des Rundgangs: Gedenkstätte der Schule in der 1200, Karajangasse 2
Wann: Donnerstag 7. Juli 2011 um 18.00 Uhr, Dauer ca. 2 Stunden
Kosten: 12 € pro Person

Anmeldung bis 5.7. unbedingt erforderlich unter:
01/534 44 39246 ( 9-17 Uhr) oder unter
ulli.fuchs@oegb.at


2.2 ksoe: Europäische Wirtschaftsregierung – Protest

Die geplante Europäische Wirtschaftsregierung sieht u.a. eine makroökonomische Überwachung der Mitgliedsstaaten und Eingriffe in deren Wirtschaftspolitik sowie eine erhöhte Ausgabendisziplin und Beachtung der Schuldenstände vor. Im Europäischen Parlament war dieses Vorhaben am 23.6 Thema. Ende Juli soll es zur endgültigen Beschlussfassung kommen. Verschiedene Organisationen – darunter die ksoe – haben im Vorfeld zum Protest gegen diesen neoliberalen Plan aufgerufen.

Weitere Infos unter:

http://www.ksoe.at/gp/index.php?option=com_content&task=view&id=249&Itemid=28


2.3 ksoe: Europäische Sonntagsallianz gegründet

Über 50 Organisationen aus Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Kirchen haben am 20.6.2011 in Brüssel eine Europäische Sonntagsallianz gegründet.

Ziele der Europäischen Sonntagsallianz sind der freie Sonntag und angemessene Arbeitszeiten (decent working hours) und damit verbunden die Aufnahme des freien Sonntags in die Arbeitszeitrichtlinie der EU. Zentrale Inhalte der Gründungserklärung sind die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die bessere Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Privatleben und der soziale Zusammenhalt.

Dazu fand am 20.6. eine ExpertInnenkonferenz zum Thema „Der Mehrwert gemeinsamer freier Zeit“ im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss statt.
„Ruhezeiten lassen sich nicht aufschieben“, dies betonte der Arbeitssoziologe Friedhelm Nachreiner bei der Konferenz. „Wenn jemand am Sonntag arbeitet, ist ein anderer freier Tag kein Ersatz dafür. Das funktioniert weder individuell noch für die Gesellschaft“. Bei Sonntagsarbeit lasse sich nachweisen, dass das Unfall- und Krankheitsrisiko signifikant ansteigen. Zahlreiche Studien belegen das, so Nachreiner.

„Nicht nachhaltige Arbeitszeitmuster (unvorhersehbare Rufbereitschaften, unterbrochene Stunden, Schichtarbeit, unsoziale Arbeitszeiten wie Nacht- und Wochenendarbeit) können zu einer Zunahme von Stress und zu Krankheiten führen. Dadurch bedingte Krankenstände nehmen zu, oft ausgelöst durch das starke Empfinden eines Kontrollverlusts und mangelnden Einflusses auf die eigene Arbeit und Lebensweise“, heißt es dazu in der Gründungserklärung der Europäischen Sonntagsallianz. „Menschen, die an Sonntagen oder zu unregelmäßigen Zeiten arbeiten, tun dies aus finanzieller Notwendigkeit und nicht aus freier Wahl. Nicht nachhaltige Arbeitszeitmuster – besonders im Zusammenhang mit geringfügiger Beschäftigung – sind eine wesentliche Quelle für das zunehmende Phänomen der ´working poor´ in Europa.“

Erfreulich sei die Breite der Europäischen Sonntagsallianz, so Franz Georg Brantner, der als Sprecher der Allianz für den freien Sonntag Österreich in Brüssel an der Gründungsversammlung teilgenommen hat: Die Allianz wird unterstützt vom Europäischen Gewerkschaftsbund, ÖGB, der Konferenz europäischer Kirchen, der polnischen Solidarnosc, von der Allianz für den freien Sonntag Slowakei, von Familienverbänden und vielen anderen mehr. „Innerhalb der europäischen Gewerkschaften, besonders innerhalb der Handelsgewerkschaften, ist der freie Sonntag zum Top-Thema geworden“.

Die Allianz für den freien Sonntag Österreich – sie ist Gründungsmitglied der Europäischen Sonntagsallianz – wird von der ksoe (Kath. Sozialakademie Österreichs) koordiniert.

Nähere Informationen unter:
www.freiersonntag.at
www.europeansundayalliance.eu


2.4 Umstrittenes Wasserkraftwerk Belo Monte wird gebaut

Trotz vielfältiger Proteste und nicht erfüllter Auflagen wird das Wasserkraftwerk Belo Monte gebaut, so ließ jetzt die brasilianische Umweltbehörde IBAMA verkünden. Folge wird die Existenzgefährdung für zehntausende Menschen am Xingu-Fluss, denn sie werden aufgrund der Überflutung der Regenwälder vertrieben. Profiteurin ist auch die österreichische Anlagenbau-Konzern Andritz AG. In einem Konsortium mit der deutschen Voith und französischen Alstom konnte sie sich Aufträge für Turbinen und technisches Equipment in dreistelliger
Millionenhöhe sichern.

Bereits im März haben Südwind und die Dreikönigsaktion eine Email-Protestaktion gegen eine Beteiligung der Andritz AG an der Errichtung von Belo Monte gestartet, an der sich weit über 3.000 Menschen in Österreich beteiligt haben. Aus aktuellem Anlass rufen sie zur Solidarität mit den Völkern des Amazonas auf und fordern einen verantwortungsvollen Umgang mit Menschen und Umwelt.

Die Petition kann unter www.dka.at/belomonte, bzw. unter www.suedwind-agentur.at unterschrieben werden.


3. CSR News und Meldungen aus Österreich und Europa und der Welt

3.1 Goldener Windbeutel Verleihung: Preis für die dreisteste Werbelüge

Die Verbraucher haben gewählt – die Milch-Schnitte von Ferrero ist die dreisteste Werbelüge des Jahres. Von mehr als 117.000 Verbrauchern stimmten über 51.000 für die Milch-Schnitte. Sie wird mit Hilfe von bekannten Sportlern zwar als „leichte“ Zwischenmahlzeit beworben, besteht aber beinahe zu 60 Prozent aus Fett und Zucker und ist damit „schwerer“ als Schoko-Sahne-Torte. „Gratulieren“ Sie Ferrero zum Goldenen Windbeutel 2011, den foodwatch dem Konzern am 17. Juni 2011 verliehen hat.

Die Organisator_innen laden unter www.abgespeist.de dazu ein, den Gewinnern ein Glückwunschschreiben zu schicken.


3.2 Macht sich WWF zum Handlanger der Industrie?

Eine Dokumentation, die beim WDR ausgestrahlt wurde und den richtungsweisen Titel „Pakt mit dem Panda – was uns der WWF verschweigt“ trägt, sorgt für Furore. Filmemacher ist Wilfried Huismann (bekannt für ARD-Reihe Politische Morde, Der Fall Henry Kissinger, Wer erschoss Salvador Allende? U.a.). In dem Film zeigt Huismann, wie der WWF zusammen mit Agrarkonzernen wie Nosanto an sogenannten Runden Tischen für Soja oder Palmöl sitzt und die Anliegen der multinationalen Unternehmen unterstützt. Die Folge dieser Politik sind zwangsumgesiedelte Menschen, Abrodung von Urwäldern und Ersetzung durch Palmölplantagen, Monokulturen bis zum Abwinken und vieles mehr. Dabei macht er auch nicht vor gentechnikverändertem Anbau Stop.

Der WWF wehrt sich gegen die Vorwürfe, die aus der Dokumentation resultieren, hält aber an seiner Politik dieser Unternehmenskooperation fest.


3.3 Wassermangel

Die Welthungerhilfe prognostiziert: Im Jahr 2025 werden 8,5 Milliarden Menschen von Wasserknappheit betroffen sein, wenn sich an den Umgang mit Wasser nichts ändert. Schon heute haben 900 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Die Konsequenzen sind gravierend: in den 30 Ländern der Welt, die von Wasserknappheit betroffen sind, gehen 80% der Krankheiten auf verschmutztes Wasser zurück. 1,9 Millionen Menschen sterben jährlich an Durchfallerkrankungen aufgrund von dreckigem Trinkwasser.
Zwar hat die UNO in einer Resolution im Juli 2010 den Zugang zu sauberem Wasser und Sanitätsversorgung schriftlich fixiert und in die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aufgenommen, doch ohne nationalrechtliche Umsetzung haben die in der Resolution verbrieften Rechte keine bindende Wirkung. Österreich enthielt sich der Stimme (vgl.
http://www.webcitation.org/5zgaK7tOv).

Weitere Informationen unter:
http://www.welthungerhilfe.de/wasser-spezial.html


4. Kommende Veranstaltungen und Seminare

4.1 HEUTE: Migration und Entwicklung, organisiert von VIDC

Partizipation der afrikanischen Diaspora im entwicklungspolitischen Diskurs

Wo:Amtshaus Wieden, Favoritenstraße 18, 1040 Wien
Wann: 30. Juni 2011, 16.00 - 20.00 Uhr

Um Anmeldung unter
schmidjell@vidc.org wird gebeten

Näheres unter:
http://www.vidc.org/index.php?id=1159&tx_ttnews[tt_news]=823&cHash=5e4bac53cb894bec24dd81f2b5d54cfe


4.2 Workshop on Reconciling EU policies in the field of Trade, Business and Human Rights

Am 13. Juli findet im Europäischen Parlament in Brüssel ein Workshop im Rahmen der Kampagne Rights for People – Rules for Business statt. Eckpfeiler der Diskussion wird die Frage sein, inwiefern Unternehmen, Handel und Investitionsvereinbarungen an Menschenrechten gemessen werden. Abgeordnete des Europäischen Parlaments werden die Umsetzung auf europäischer Ebene diskutieren.

NeSoVe wird dabei sein. Nähere Informationen sind über das Büro erhältlich.


4.3 Ist bio wirklich besser? – Diskussionsrunde organisisiert vom CSR-Circle

Am 21.7. diskutieren Herbert Fuchs (GF Gourmet Menü-Service), Henriette Eichhorn (Betriebl. Gesundheitsman. Zürich Versicherung), Claus Holler (BIO AUSTRIA, Gesundheit, Großküchen) und Gerhard Zoubek (Biobauer, Biohof Adamah) unter der Moderation von Roswitha M. Reisinger (LEBENSART) die Fragen:

- Ist bio wirklich besser?
- Wie werden österreichische Lebensmittel produziert und kontrolliert?
- Biologisch, regional oder doch lieber Importware?
- Was ist besser für die Umwelt?
- Was können Unternehmen tun?

Wann: 21.7. 18 Uhr
Wo: Dschungel Wien


4.4 Lehrgang „Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft. Entwicklungsraum sozialer Verantwortung“

Ab November 2011 beginnt wieder ein neuer berufsbegleitender zweijähriger Lehrgang, organisiert von ksoe in Kooperation mit Südwind – Agentur u.a. Geschult werden soll das Querdenken im Hinblick auf gesellschaftliche Positionierungen durch die Möglichkeit der Entwicklung einer sozial-ethischen Urteilsbildung.

Für den Lehrgang 2011-2013 ist das Kooperationsland Ungarn, d.h. Veranstaltungen werden auch in Ungarn abgehalten und Referent_innen werden den Lehrgang mit Fachwissen aus dem Nachbarland bereichern.

Nähere Informationen unter:
www.ksoe.at