Donnerstag, 28. Juli 2011

CSR Newsletter Juli 2011


1. News aus dem NeSoVe-Büro: NeSoVe goes Urlaub


Urlaubsbedingt ist unser Büro vom 15.8. bis 29.8.2011 geschlossen.



2. Aktivitäten von NeSoVe und seinen Mitgliedern


2.1 NeSoVe-Bericht

Round Table in Brüssel, 13.07.: Menschenrechte weltweit und feinschichtig implementieren


Am 13. Juli nahm NeSoVe im Europäischen Parlament in Brüssel an dem Workshop zur Frage der Einflussnahme auf die EU-Politik insbesondere bei der Durchsetzung von Menschenrechtsstandards beim Handeln von EU-Unternehmen teil. Der Round Table wurde ausgerichtet von Richard Howitt, dem Berichterstatter des Europäischen Parlaments zu CSR, in Zusammenarbeit mit der International Federation for Human Rights (FIDH), der European Coalition for Corporate Justice (ECCJ) und Friends of the Earth Europe (FOEE).
Anwesend waren in erster Linie NGO’s, aber auch einzelne Mitglieder des Europäischen Parlaments und Regierungsvertreter.

In zwei Blöcken wurden die derzeitigen rechtlichen, ökonomischen und praktischen Rahmenbedingungen des Unternehmenshandelns dargestellt und die Möglichkeiten einer nachhaltigen und durchsetzbaren wie effektiven Gestaltung des wirtschaftlichen Handels der europäischen Unternehmen, sowie ihrer Geschäftspartner_innen und Zulieferer_innen diskutiert.

In dem ersten Block „Unternehmen und Menschenrechte“ wurde ein besonderer Fokus auf die Umsetzung von europäischen Menschenrechtsstandards von EU-Unternehmen in Drittstaaten gelegt, auch wenn klargestellt wurde, dass die Einhaltung geltender Arbeitsrechts- und anderer menschenrechtlich relevanter Standards regelmäßig innereuropäisch kontrolliert werden muss. Paul de Clerc, der für FOEE einen Input gab, eröffnete die Debatte über die rechtliche Zuständigkeit außereuropäischer Menschenrechtsverletzungen. Das Prinzip, dass nationale Souveränität auch rechtlich an den Grenzen halt macht, macht den Schutz von Opfern menschenrechtswidriger Praktiken von EU-Unternehmen in Drittländern unmöglich. Er fordert eine extraterritoriale Zuständigkeit in Fällen, in denen die nationalen Souveränitäten eine Verfolgung der Menschenrechts-verletzungen nicht zulassen.

Ein weiteres Problem ist laut de Clerc die derzeitige Begrenzung der rechtlichen Verfolgbarkeit von Schäden. So ist lediglich die zivilrechtliche Gerichtsbarkeit bei ökonomischen Schäden eröffnet; für die Verfolgung immaterieller Menschenrechtsverletzungen fehlt ein rechtliches Instrumentarium, das es zu entwickeln gilt.

Im Bezug auf andere Sprecher_innen beim Workshop stellte Paul de Clerc klar, dass der Nutzen von CSR-Maßnahmen für Unternehmen (Stichwort Wettbewerbsfähigkeit) nicht die Perspektive der NGO’s sei.

In der folgenden Diskussion kritisierte Amnesty International die eingeschränkte Sichtweise auf den Umfang der Menschenrechte. Patti Rundall von der Baby Milk Action ging in ihrem Beitrag noch weiter und erklärte, dass die Industrie die Menschenrechte nicht nur respektieren, sondern verbreiten und überall (wo sie handelt) implementieren sollte. So nähmen sich die Vertreter_innen des Round Tables in ihrem Forderungskatalog schon zu sehr zurück.

Wichtige Diskussionsfrage und auch insbesondere Statement von ECCJ-Vertreter Filip Gregor waren die Beteiligung und Durchsetzungsmöglichkeiten für die betroffenen Interessensgruppen wie Arbeiter_innen etc. Hierfür wurden sinnvoll, effiziente und kostenfreie (aber zumindest –günstige) Instrumentarien gefordert, die den von Menschenrechtsverletzungen betroffenen Menschen ermöglichen würden, ihre Rechte durchzusetzen, damit sie nicht nur Recht haben, sondern auch bekommen sollen.

Die Stellungnahmen der NGO’s gegenüber den Mitgliedern des Europäischen Parlaments Susan Bird (DG Employment), Tom Dodd (DG Industry & Enterprise) und Michel Bernier Abad (DG EEAS) waren sehr erfrischend, bewegten sich die Stellungnahmen der MEP’s doch im gemäßigten und unspezifischen Rahmen, obwohl ECCJ ein konkretes Maßnahmenpaket mit Forderungen entwickelt hatte, an dem sich die MEP’s beim Round Table orientieren sollten. Leider wurde deutlich, dass die Stimmen der NGO – Stakeholder zwar gehört wurden, eine konkrete Umsetzung aber zumindest derzeit unwahrscheinlich ist.

Eine rechtliche Schwierigkeit ist die Aufhebung nationaler Zuständigkeit nach dem Territorialprinzip. Neben dem problematischen Aspekt der Anmaßung superlegislativer EU-Instanzen stellt sich hier die Frage, wie konkret der Opferschutz bei einer Gerichtsbarkeit in der EU aussehen kann. Nur zu unterstützen ist der Fokus von der Perspektive der betroffenen Interessensgruppen ausgehend eine durchsetzbare Reglementierung für Unternehmen und ihre Tochtergesellschaften in ihrem globalen Handeln einzufordern.

Der zweite Block mit dem Titel „Handels- und Investitionsvereinbarungen und Menschenrechte“ und behandelte die Frage der Implementierung von Menschenrechtsstandards in Handelsketten und bei Geschäftspartnern. Die Session wurde von der EP-Berichterstatterin zu Trade and Human Rights, Tokia Saifi, geleitet und es sprachen Lorand Bartels von der Cambridge University, Andrew Odete von der Kenya Human Rights Commission, Brid Brennan, Armin Paasch von Misereor und Jeff Voght von der International Trade Union Cooperation. Es wurden verschiedene Modelle von Handelsabkommen vorgestellt und bewertet. Interessant war auch der Beitrag von Andrew Odete, der mit Bezug auf die kenianische Zuckerindustrie erklärte, dass freier Handel nur frei sei, wenn die Menschen die Modalitäten bestimmen könnten. Hier liesse sich die Brücke schlagen zu Patti Rundalls Statement aus der ersten Session, dass Unternehmen die Menschenrechtsstandards nicht nur anwenden, sondern auch verbreiten sollten – in Handelsbeziehungen, in Vereinbarungen, als obligatorisches Element – klar umrissen und durchsetzbar angewandt.

Elin Wrzoncki von FIDH gab hierzu u.a. folgende Empfehlungen:
1. Die EU entwickelt regelmäßige systematische Menschenrechtsverträglichkeitsberichte vor Handels- und Investitions-Vertragsabschlüssen.
2. Menschenrechtsklauseln werden in alle internationale Abkommen mit Drittstaaten eingeführt (im Sinne internationaler EU-Geschäftsbedingungen).
3. Die EU entwickelt eine Strategie wie Menschenrechte in Handels- und Investitionsabkommen angewandt und verbreitet werden.

Darüber hinaus bot der Workshop genügend Möglichkeit des Networking und hat gezeigt, dass der Zusammenschluss CSR-kritischer Stimmen auf europäischer Ebene wichtig wie notwendig ist. Das Stimmengewicht lag dieses Mal zu Gunsten kritischer NGO’s, da kaum Vertreter_innen der Wirtschaft anwesend waren. Es bleibt daran zu arbeiten, die z.T. produktiven und vorwärtsweisenden Vorschläge tatsächlich umzusetzen.


2.2 Volkshilfe Wien: Pflege- und Betreuungspreis ausgeschrieben


Die Volkshilfe vergibt dieses Jahr bereits zum vierten Mal den Pflege- und Betreuungspreis in Kooperation mit vielen Organisationen, Institutionen und Unternehmen.

Nähere Informationen und Teilnahmebedingungen unter: http://www.volkshilfe.at/1331,,,2.html



2.3 ÖGB – GPA-djp: Fair statt prekär!

Mit diesem Aufruf mobilisiert die Jugendgewerkschaft der GPA-djp gegen die oftmals ausbeuterischen Bedingungen, die bei Ferienjobs oder Sommerpraktika gestellt werden und informiert über die Rechte und Möglichkeiten der jungen Arbeitnehmer_innen.

Nähere Informationen unter:
http://www.jugend.gpa-djp.at/servlet/ContentServer?pagename=A01/Page/Index&n=A01_6.7



2.4 Amnesty International: Gewerkschafter in der Elfenbeinküste vermisst

Seit nunmehr 3 Monaten wird der Generalsekretär der Gewerkschaft "Confédération Dignité" aus der Elfenbeinküste Basile Mahan Gahé vermisst. AI macht den Fall öffentlich und stellt Protestbriefe bereit:

Nähere Informationen sowie ein Musterbrief unter:
http://gewerkschafterinnen.amnesty.at/index.php?page=cote_ivoire/20110624.htm



3. CSR News und Meldungen aus Österreich, Europa und der Welt

3.1 Wien: Monitoring-Ausschuss gegründet

In Umsetzung des Wiener Antidiskriminierungsgesetzes wurde Mitte Juni 2011 der Monitoring-Ausschuss besetzt. Form- und kostenfrei können sich nun Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, beraten und unterstützen lassen. Die Vernetzung mit NGO’s soll explizit gefördert werden.

Nähere Informationen unter:
http://www.wien.gv.at/verwaltung/antidiskriminierung/index.html



3.2 Deutschland: Website zur Bekanntmachung von Lebensmittelschwindel

Die von der deutschen Bundesverbrauchsministerin Ilse Aigner initiierte Internettplattform lebensmittelklarheit.de ist ans Netz gegangen. Dort können Verbraucher_innen werbeverdächtige Produkte online melden und über die Verbraucherzentrale Hessen wird der Verdacht geprüft und anschließend mit möglicher Stellungnahme des beteiligten Unternehmens veröffentlicht. Die Industrie droht bereits mit Klagen gegen den „Internetpranger“.

Nähere Informationen unter: www.lebensmittelklarheit.de; www.abgespreist.de


3.3 Europäisches Parlament stimmt über Änderungen des Lebensmittelinformationsrechts ab

Am 6. Juli hat das Europäische Parlament einen Standpunkt zur Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen verabschiedet. Wirklich „schmerzhafte“ Eingriffe zur Eindämmung standartisierter Marketing-Strategien gab es allerdings nicht.

Die langjährige Forderung der Verbraucherorganisationen nach eindeutiger Herkunftsbezeichnung für Milch- und Fleischprodukte konnte sich nicht durchsetzen. Lediglich für Frischfleisch ist die Angabe des Herkunftsorts obligatorisch.

Auch in Zukunft müssen auf der Vorderseite von Lebensmittelpackungen keine Angaben zum Zucker-, Salz- oder Fettgehalt des Produktes erscheinen. Entgegen allen Inhalts darf weiterhin die eigene Zuschreibung (wie leichte Zwischenmahlzeit o.ä.) verwendet und damit geworben werden. Allerdings muss im Kleingedruckten zukünftig einheitlich die Inhaltsstoffe auf 100 Gram/Milliliter angegeben werden.

Weitere Informationen unter:
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2011-0324+0+DOC+XML+V0//DE&language=DE#BKMD-6



3.4 Heute: 60. Jahrestag der Genfer Flüchtlingskonvention

Am 28. Juli 1951 wurde am europäischen UN-Hauptsitz in Genf die Genfer Flüchtlingskonvention verabschiedet, die bis heute von knapp 150 Vertragsstaaten unterzeichnet wurde. Und sie ist aktueller denn je. Bereits zur Jahreswende befanden sich mehr als 43 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht, das ist ein Höchststand in den vergangenen 15 Jahren. Durch die Flüchtlingsströme in den arabischen Ländern und die Dürre in Somalia dürfte sich die Zahl noch erhöht haben.



4. Kommende Veranstaltungen und Seminare


4.1 30.08.: ADA - DialogEntwicklung

Zum Thema Hunger – Macht – Konflikt lädt die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit zu einer Veranstaltung, um über die Ernährungs(Un)Sicherheit, sowie deren globalen Ursachen und Auswirkungen zu sprechen
Als Referent_innen sind Michael Windfuhr (Deutsches Institut für Menschenrechte), Petra Gruber (Forschungsinstitut für Entwicklungszusammenarbeit in Gmunden) und Gertrude Klaffenböck (FIAN Österreich) geladen.

Wann: Dienstag, 30.08.2011 von 15-17 Uhr
Wo: Diplomatische Akademie, Favoritenstraße 15a, 1040 Wien
Anmeldung unter: oeza.info@ada.gv.at


4.2 15. Österreich -Tag - Chancengleich Erwachsen werden am 22./23.09.

Schwerpunktthemen des diesjährigen Österreich-Tags "Chancengleich Erwachsen werden" sind Mobilität, Selbstbestimmtheit, Sexualität und deren Rolle in der Gesellschaft.

Wann: 22. Und 23.09.2011
Wo: Altes Rathaus Linz

Nähere Informationen: http://www.oetag.at/


4.3 CSR-Circle am 22.09.

Am 22.09. lädt der CSR-Circle zur nächsten Veranstaltung. Dieses Mal wird Wolfgang Pekny von Footprint über die Grundlagen einer zukunftsfähigen Gesellschaft und die Bedeutung von CSR sprechen.


Wann: 22.09.2011, Come together ab 18 Uhr, Beginn 18:30 Uhr
Wo: DSCHUNGEL WIEN Theaterhaus für junges Publikum, Museumsquartier, 1070 Wien


4.4 respACT: Österreichischer CSR-Tag am 29.09.

Am 29.09. veranstaltet respACT bereits zum 6. Mal den Österreichischen CSR-Tag. Dabei soll ein besonderer Schwerpunkt auf CSR und Europa, sowie die Entwicklungen der nationalen CSR-Aktionspläne gelegt werden.

Wann: 29.09.2011, 10-15:30 Uhr
Wo: EVN-Forum, EVN Platz, 2344 Maria Enzersdorf

Nähere Informationen: www.respact.at



5. Lesetipps


5.1 ÖZIV-Presseaussendung: Wir brauchen ein nachhaltig finanzierbares Pflegesystem


Wien (OTS) - Die Ankündigung von Sozialminister Rudolf Hundstorfer, ein nachhaltig finanzierbares Pflegesystem für die Zeit nach 2014 entwickeln zu wollen, wird vom Österreichischen Zivil-Invalidenverband (ÖZIV) begrüßt. Alle
Betroffenen-Organisationen müssten dabei in die Verhandlungen einbezogen werden. "Das hat der Minister uns bei einem Gesprächstermin zugesagt", so ÖZIV Geschäftsführerin Hedi Schnitzer.

Zustimmung des ÖZIV ernten die Forderungen der Wiener Seniorenbund-Landesvorsitzenden Ingrid Korosec. "Sie formuliert die richtigen Fragen", so ÖZIV Präsident Klaus Voget:
-"Wie hoch wird der Pflegeaufwand in Zukunft sein?
-Wie wird er sich auch aufgrund der demografischen Entwicklung gestalten?
-Und wer soll das bezahlen?"

Insbesondere die jährliche Valorisierung des Pflegegeldes ist schon längst überfällig.
In diesem Zusammenhang begrüßt der ÖZIV die Pflegeeinigung vor der Sommerpause:
"Das Thema Pflege darf nicht für parteipolitische Spielchen oder Machtdemonstrationen der Länder missbraucht werden", so Schnitzer.

Nur durch die Einbeziehung aller Betroffenen-Organisationen könne ein Pflegesystem entwickelt werden, das den tatsächlichen Anforderungen der Betroffenen entspricht.
"Das betrifft insbesondere Menschen mit Behinderung. Denn weder Sozialpartner noch Senioren VertreterInnen können deren Wunsch nach einer selbstbestimmten Lebensführung verstehen und ihre Anliegen vertreten", so Schnitzer abschließend.

Rückfragehinweis:
ÖZIV - Österreichischer Zivil-Invalidenverband
Tel. 01/513 15 35-31
www.oeziv.org


5.2 Broschüre: Chancengleichheit

Das BMASK hat eine spannende wie übersichtliche Broschüre zum Gleichbehandlungsrecht in Österreich verfasst. Neben einem leicht verständlichen Überblick über die rechtliche Lage mit vielen konkreten Beispielen werden Möglichkeiten der Durchsetzbarkeit der Chancengleichheit aufgezeigt und Kontaktadressen benannt.

Zu beziehen über: broschuerenservice@bmask.gv.at


5.3. Peace Brigades International: Bericht über die Menschenrechtssituation in Honduras

Eine Arbeitsgruppe der PBI war im Mai in Honduras, um sich ein eigenes Bild der Situation der Menschenrechte seit dem Staatsputsch vom Juni 2009 zu machen. In dem short-term-Bericht zeigen sie die Bedrohungen insbesondere für Menschenrechtsaktivist_innen in Hoduras auf und geben konkrete Empfehlungen an international zuständige Institutionen.

Der Bericht kann auch über das NeSoVe-Büro bezogen werden (englisch und spanisch).





NeSoVe wünscht allen NewSoVe-Leser_innen einen erholsamen Sommer.
Der nächste Newsletter erscheint im September.